Bleibe

Mit dem Projekt Bleibe versuche ich einen konkreten Begegnungsort für Menschen und lokale, flüchtige Mikroorganismen zu schaffen. Als Installation im öffentlichen Raum wird an einem Wanderweg eine selbst gezimmerte Holzkiste in einer Trockensteinmauer integriert.

In der Kiste befindet sich ein Substrat, auf welchem sich die lokalen Bakterien und Schimmelkulturen spontan festigen können. Die sich in der Kiste entwickelnden Kulturen stehen somit in direkter Verbindung mit der alpinen Landschaft um die Bleibe. Über einen Zeitraum von einem Monat bis zu mehreren Jahren können diese Mikroorganismen mittels eigener Enzyme komplexe Moleküle in Aminosäuren aufspalten und sich vermehren. Mit Hilfe der landschaftseigenen Mikroorganismen entwickeln sich somit neue Geschmäcker.

Spontane Fermentierungsprozesse haben Tradition im alpinen Raum. Die vorindustriellen, unterschiedlichen Käsesorten sind ein Abbild unserer Kulturlandschaft, unserer Tiere und unserer Lebensweise. Bevor die spezialisierten Käsekulturen eingekauft wurden, nutzen die Käser*innen die Mikroorganismen, die durch die Kuh von der Weide in die Milch gelangen. Die Mikroorganismen eines Tals, einer Wiese oder eines blühenden Baums fanden so den Weg auf Lebensmittel und verändern dessen Geschmack. Als dann die Milch mit Holzgeräten verarbeitet wurde, konnte sich so eine stabile Kultur in den Gerätschaften und in den Käsereien festsetzen. Holzgeräte dienten als Puffer, um Veränderungen der Kulturen auszugleichen. Welche Kulturen sich genau in den Holzgefässen festigten und sich schliesslich im Käse befanden, war wichtig, die Bestimmung deren jedoch zweitrangig. Trotzdem oder vielleicht deshalb sind die bekanntesten Käsesorten in der vorindustriellen Zeit entstanden.

Das Projekt Bleibe soll altes Wissen um Lebensmittel neu interpretieren und einen zeitgemässen Umgang mit der Landschaft fördern. Die Holzkisten dienen als Bleibe für Mikroorganismen und als Ort für die Interaktion mit Menschen. Ihr gemeinsames Wirken und deren kulinarische Bedeutung für unsere alpine Lebensmittelkultur wird so erforscht und greifbar thematisiert.

Helgoland Nesslau SG bei Kunsthallen Toggenburg

27.06.23, Atelier: Eine Bleibe wird für Nesslau gebaut. Meine kleine Tischkreissäge ist kaputt. Es folgt ca. 1 Woche reine Handarbeit.

27.06.23, Nesslau: Ist dieser Ort kulinarisch Wertvoll? Für die Ausstellung 1808 Quadratmeter entsteht eine Bleibe bei der Flussinsel.

27.06.23, Nesslau: Ziel ist ein hoher Turm aus 2-3 Tonnen Stein.

07.07.23, Nesslau: Die Bleibe bei der Thurinsel Helgoland steht.

24.07.23, Nesslau: Das Werk wurde durch Vandalismus verändert.

11.08.23, Nesslau: Das Werk wurde durch die hefitgen Stürme und Hochwasser zerstört. Die Holzkiste hat überlebt!

11.08.23, Nesslau: Die Form ist inspiriert vom Vogelhaus – der Standort jetzt auch.

24.08.23, Nesslau: Gekochtes Soja aus Ganterswil wir gestampft und zu Kugeln geformt.

24.08.23, Nesslau: Gräser aus der Thur tragen viele regionale Mikroorganismen.

24.08.23, Nesslau: Gräser aus der Thur

24.08.23, Nesslau: Sojabälle werden auf Gräser und Fichtenholz gelegt.

24.08.23, Nesslau: Die Bleibe hängt seit zwei Wochen unter dem Dach.

24.08.23, Nesslau: Die Misobälle reifen in der Bleibe.

04.09.23, Nesslau: Fangen Spinnen auch Mirkoorganismen ein? Fermentieren sie ihre Beute?

04.09.23, Nesslau: Steine in der Thur sind auch Habitate.

04.09.23, Nesslau: Heute habe ich den QR-Code angebracht. Er führt auf diese Seite.

04.09.23, Nesslau: Die Misobälle sind mit einer gleichmässigen weissen Schimmelschicht bedeckt.

04.09.23, Nesslau: Das Hochwasser hat sich wieder beruhigt.

11.09.23, Nesslau: Die Bälle fühlen sich nachwievor wohl. Der Schimmel wird dichter.

11.09.23, Nesslau: Die Abendsonne wärmt die Bleibe.

24.09.23, Nesslau: Finnissage, die Sojabälle werden nach einem Monat aus der Bleibe genommen.

24.09.23, Nesslau: Die Gäste von Helgoland sind sich einig: sie riechen nach Brie.

24.09.23, Nesslau: Der erste Blick ins innere. Mit Salz werden sie verstampft zu Miso.

24.09.23, Nesslau: Alte Miso werden degustiert: Amaranth, Leindotter und Mugi.

24.09.23, Nesslau: Das „fertige“ Miso wird jetzt 3 Jahre gelagert.

Tschlin GR bei Somalgors 74

08.02.23, Atelier: Nach vielen Gesprächen und Skizzen ist endlich eine Form gefunden. Das Objekt heisst Bleibe und die Produktion dauert…

07.04.23, Tschlin: Der Standort für die Bleibe bei der Kulturinitiative Somalgors 74 liegt zwischen alter Terasse, Wiese und Wald.

12.04.23, Tschlin: Vier Tage später steht die Bleibe. Eine kleine Terasse wurde gebaut. Darauf türmt die Bleibe.

12.04.23, Tschlin: Donat und Marisa besuchen die Bleibe. Er komponiert ein Lied für die Eröffnung.

13.06.23, Tschlin: Heu mit sehr vielen Blumen.

13.06.23, Tschlin: Leben die Mikroorganismen von Tschlin im Heu?

13.06.23, Tschlin: Die Bleibe wird von Mikroorganismen aus der Luft und aus dem Heu besiedelt. Hier dürfen sie bleiben.

18.07.23, Tschlin: Gekochtes Soja vom Bauer Xaver aus Ganterswil wird zwischen Haselnussblätter und Heu in die Bleibe gelegt.

21.07.23, Tschlin: Das Soja nach drei Tagen in der Bleibe.

21.07.23, Tschlin: Zwischen den Bohnen haben sich transparente Fäden gebildet.

21.07.23, Tschlin: Das Soja wird nach dem Fermentieren getrocknet.

18.07.23, Tschlin: Donat probt das neu komponierte Lied für die Eröffnung der Bleibe: Inauguraziun

20.07.23, Tschlin: Kugeln für Miso und Würfel für Meju werden aus gekochten Sojabohnen geformt.

20.07.23, Tschlin: Substrate aus Soja werden vor der Inkubation in der Bleibe auf Heu präsentiert.

Hier, zwischen Wald und Feld
Öffnet sich die Tür zu einer versteckten Welt
Einsame Sporen in der Luft
Finden sich zu einem Duft
Hier, auf frisch geschnitt’nem Heu
Wächst altes Wissen neu
Wo die Neugier auf Rezepte trifft
Erwartet dich, sinngemäss,
die absolute Geschmacksexplosion.

20.07.23, Tschlin: Die Bleibe beherbergt Kulturen aus dem Heu und der Luft. Die Sojaformen sind inkubiert. Wir sehen uns in einem Monat.

14.08.23, Tschlin: Die Substrate werden nach einem Monat aus der Bleibe genommen. Visuell sind sie anspruchsvoll. Geruch: Waldboden.

15.08.23, Tschlin: So sehen die Meju gewaschen aus. Jetzt riechen sie auch noch nach Fisch. Wie sehen die Misodama im innern aus?

15.08.23, Tschlin: Mhhh. Mich errinnerts an die Blüte von Aspergillus Oryzae bei der Produktion von Hatcho Miso.

15.08.23, Tschlin: Der Topf wird desinfisziert mit heisser Kohle und Honig. Der Rauch soll 5 Minuten im Topf bleiben.

15.08.23, Tschlin: Meine ersten alpinen Meju wandern in den Topf. Hier soll eine Art Sojasauce während 100 Tagen entstehen.

15.08.23, Tschlin: Mit der Produktion von Miso habe ich mehr Erfahrung.

15.08.23, Tschlin: Meju wurde in Salzlake gelegt und Misodama mit Salz vermengt und beschwert. Ernte Meju: 100 Tage, Ernte Miso: 1-4 Jahre

20.08.23, Alp Ergeten: Beteiligung an Alptavolata zur Feier von 30 Jahre Slow Food Schweiz. Führung von Pro Natura.