Unterwegs mit Geissen

Sobald der Schnee geschmolzen ist, begeben sich die Geissen von Doro auf längere Erkundungstouren. Sie scheuen keine Felsen, um an gute Kräuter, Blätter und Gräser zu gelangen. Mit ihrem Kopf dicht über dem Boden kennen sie die Alpine Flora besser als viele Biologinnen.

Die schellenartigen Objekte für Unterwegs mit Geissen werden von der Kunstgiesserin Laila Pauli produziert. Diese sind aus Messing und werden in zwei halbrunde Formen getrieben und mit Scharnieren versehen. Löcher werden in die untere Seite der Objekte gestanzt um Kulturen einzusammeln.

Den Halsschmuck fülle ich am Vortag mit Bohnen und weiche diesen in Wasser ein. Bevor die Geissen aus dem Stall gelassen werden, werden die Bohnen im Dampfkochtopf gekocht und dann den Geissen um den Hals gehängt. Mit jedem Bissen, den sie zu sich nehmen, streift ihr Schmuck durch die Flora von Doro. Unzählige Sporen werden so durch den Tag gesammelt. Am Abend wird der Inhalt des Schmucks in ein Glas gefüllt und an einem warmen Ort für einige Tage fermentiert. So entwickeln sich die Sporen zu Lebewesen auf den Bohnen.

Hier beginnt ein Prozess, der nahe an der Produktion von Koji und dem daraus entwickelten Miso ist. Im Wachstumsprozess produzieren die Mikroorganismen Enzyme. Sobald genug Enzyme vorhanden sind, wird den Bohnen Salz beigefügt, welcher das Wachstum der Mikroorganismen hindert. Über drei Jahre und ohne Luft brechen die Enzyme die komplexen Moleküle der Bohnen auf. Die Farbe wird dunkler, der Geschmack wird komplex, und die Textur zart. Es entstehen einzelne Aminosäuren, die wir in ihrer Gesamtheit schmecken können.

Weil jede Geiss andere Wege geht, jede Alp und jede Jahreszeit andere Fauna hat, ist jeder Inhalt des Geissenschmucks einzigartig. Im Reifungsprozess entwickeln sich so einmalige Geschmäcker.

Genaue Vorgehensweisen werden vor Ort mit der Hirtin Laia Sanmartin erarbeitet. Orientiert am landwirtschaftlichen Brauchtum, werden diese und weitere Geschichten der Alp über Handwerkskunst erzählt. Dazu begleitet mich Silvan Zweifel in Doro. Er sammelt auf der Alp Geschichten und Eindrücke zeichnerisch. Diese bringen wir mit den reifenden Bohnen nach Lichtensteig. Mit Marisa Sturzenegger werden diese Geschichten auf Textilien eingearbeitet. So erzählen Stickereien und Illustrationen die Geschichten der Alp, während sie die Lebensmittel bei der dreijährigen Reifung bedecken und schützen.

22.03.24 Bei der Kunstgiesserin Laila Pauli
22.03.24 Bei der Kunstgiesserin Laila Pauli
22.04.24 Auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Laia und Roja mit Schmuck
22.04.24 Auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Silvan auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Roja auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Auf der Geissenalp Doro im Tessin
22.04.24 Performance und Kamera: Hillary